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Gehen für den Frieden
Seit ein paar Tagen spüre ich eine relative Unruhe in mir. In der Schule habe ich noch für meine Klasse einiges zu regeln, die neue Arbeit ab September geistert mir schon in Kopf und Herz herum und auch privat erlebe ich eine emotional starke Zeit. Dazu kommt, dass ich einige freie Stunden eher vor dem Computer verplempert habe, als die Sonnenstunden in der Natur zu nutzen. Zeiten der ungewollten Oberflächlichkeit und der persönlichen Tiefe haben sich in einer bedrückenden Weise vermischt. Jedenfalls spürte ich, dass mir eine Zeit alleine und gehen gut tun würden. Also Computer ausgeschaltet, raus Richtung Donau, alleine spazieren. Ein Gedanke drängt sich in den Vordergrund: „Traue keinem Gedanken, der nicht beim Gehen entstanden ist.“ Es ist ein Satz aus der ORF-Fernsehsendung „Der Wanderer“ und stammt (sinngemäß) von Markus Schlagnitweit.
Während des Gehens spüre ich zunehmend Boden unter den Füßen. Zwei, drei sehr wichtige Impulse für die unmittelbare Zukunft fallen mir ein. Ich nehme mir fest vor, sie so bald als möglich umzusetzen. Am Rückweg vom Spazierengehen treffe ich „Lülü“, wie er sich nennt. Er ist Franzose und ist unterwegs nach Betlehem.
Er spricht gutes Deutsch und wir reden ein paar Minuten, in denen wir nebeneinander hergehen. 15 bis 20 Kilometer schafft er am Tag, sagt er. Heute will er noch nach Linz, dann weiter nach Wien, Budapest, Sofia – bis nach Betlehem. Der Mann konnte mir in ein paar Minuten des Gesprächs das geben, wonach ich suchte: Festheit, Entschlossenheit, meine Spur wiederfinden, Frieden. Wir verabschiedeten uns an einer Wegkreuzung – ich fragte ihn noch, ob ich ihn mit seinem Esel fotografieren dürfe. Natürlich.
Sternsingen 2011
Alle Infos zur diesjährigen Dreikönigsaktion finden sie auf der Seite der Katholischen Jungschar unter www.dka.at

Am Dürnberg in Ottensheim unterwegs: Christa Mitter, Katharina und Andreas Fürlinger
Heute waren wir zu dritt wieder einmal in Ottensheim am Dürnberg unterwegs als die „Heiligen Drei Könige“. Viele Jahre gehen wir nun schon als Erwachsenengruppe, um Geld für das Hilfswerk der Katholischen Jungschar zu sammeln, das für wichtige Projekte rund um den Globus verwendet wird. Ich kann es mir als junger Mensch, der sich gerade eine Existenz aufbauen will, nicht leisten, selbst große Spenden zu geben. Freie Zeit setze ich hingegen gerne ein für Menschen, die materiell wenig haben. Unser Gehen sehe ich auch als Einsatz gegen das Unrecht der weltweiten Armut. Gerade jetzt, wo die Bundesregierung die wenigen Mittel, die sie bisher für Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben hat, drastisch gekürzt hat, ist das wichtiger denn je.
Hinaus ins Leben – Ein halbes Jahr Freiwilligkeit in Indien
Hinaus ins Leben – Ein halbes Jahr Freiwilligkeit in Andhra Pradesh / Indien
Heute Abend war ich im Pfarrsaal Ottensheim bei einem Bildvortrag der jungen Ottensheimerin Theresa Baumgartner, die von Okotber 2008 bis März 2009 im Waisenhaus „Daddy’s Home“ in Andhra Pradesh, Indien, ein paar Monate ihres Lebens verbrachte. In diesem Haus, dem eine Schule angeschlossen ist, finden verstoßene Kinder oder Alte, Straßenkinder, HIV-Kranke und andere, die es in der indischen Gesellschaft schwer haben, Zuflucht und eine neue, sehr große Familie.
Viele Bilder und Textfolien, die Theresa’s Aufenthalt dokumentierten, haben mich tief berührt. Nicht, weil ich noch nie gesehen hatte, wie einfach, ärmlich und trotzdem freudig Menschen leben. Sondern deshalb, weil ich einige zwar nicht neue, aber dennoch vertiefende Erkenntnisse aus diesem Vortrag ziehen konnte:
In diesem Waisenhaus leben Hindus, Christen und Moslems problemlos zusammen. Es werden katholische Messen und ebenso hinduistische bzw. muslimische Feste gefeiert. Wenn ich an die Situation in Europa denke, wo Pseudo-ChristInnen gegen die drohende Gefahr, die von anderen Kulturen und Religionen ausgehe, hetzerische Kampagnen betreiben, dann denke ich mir: Von den einfachen und armen Menschen könnten wir lernen, denn für diese Menschen in Indien zählt nur eines: eine große Familie zu sein, in der jede und jeder seinen Teil dazu beiträgt, dass alles gut läuft.
Die Kluft von Arm und Reich ist in diesem ländlichen Gebiet Indiens sehr kontrastreich und deutlich. Unmittelbar nebeneinander existieren Menschen, die in großen Villen und andererseits in Zelt-Hütten leben. Das Kastenwesen des Hinduismus trägt dazu nicht unwesentlich bei und verhindert praktisch die Aufweichung der gesellschaftlichen Schranken, die es gibt.
Ohne etwas schwarz zu reden: Die Kluft zwischen Armen und Reichen wächst auch in den wohlhabenden Staaten Europas, nicht zuletzt in Österreich. Hier ist es nicht das Kastenwesen als wesentlicher „Stabilisierungs“-Faktor der gesellschaftlichen Verhältnisse, sondern die Politik, die die Aushöhlung der sozialen Standards verantwortet, die die Generationen nach dem zweiten Weltkrieg mit viel Fleiß und durch politisches Verantwortungsbewusstsein geschaffen haben. Dass wir schon eine gute Zeit lang weit weg von wirklichem Verantwortungsbewusstsein in der Politik leben, machen nicht zuletzt die Krisen der letzten Zeit deutlich.
In diesem Weisenhaus in Indien konnte sich Theresa nicht per Englisch mit den BewohnerInnen verständigen, weil deren Englisch-Kenntnisse nicht ausreichten. Also verständigten sie sich mit Händen und Füßen.
Wenn bei uns jemand nicht Deutsch kann, kann er oft damit rechnen, auf irgend eine Weise diskriminiert zu werden. Die christliche Sicht auf die Menschen als Kinder Gottes und somit als Schwestern und Brüder könnten wir sicher vertiefen. Denn dieser Blick macht deutlich, dass alle Hervortuerei wichtiger Menschen letztlich lächerlich ist. Arme Menschen haben den Blick Gottes: Weil du da bist, liebe ich dich. Die sprechenden Bilder von Theresa haben mir das sehr deutlich vor Augen geführt.
Den Bericht im Pfarrblatt Ottensheim von Theresas Freiwilligen-Zeit in Indien inklusive Fotos finden sie hier:
Bericht im Pfarrblatt Ottensheim (pdf)