Hinaus ins Leben – Ein halbes Jahr Freiwilligkeit in Indien
Hinaus ins Leben – Ein halbes Jahr Freiwilligkeit in Andhra Pradesh / Indien
Heute Abend war ich im Pfarrsaal Ottensheim bei einem Bildvortrag der jungen Ottensheimerin Theresa Baumgartner, die von Okotber 2008 bis März 2009 im Waisenhaus „Daddy’s Home“ in Andhra Pradesh, Indien, ein paar Monate ihres Lebens verbrachte. In diesem Haus, dem eine Schule angeschlossen ist, finden verstoßene Kinder oder Alte, Straßenkinder, HIV-Kranke und andere, die es in der indischen Gesellschaft schwer haben, Zuflucht und eine neue, sehr große Familie.
Viele Bilder und Textfolien, die Theresa’s Aufenthalt dokumentierten, haben mich tief berührt. Nicht, weil ich noch nie gesehen hatte, wie einfach, ärmlich und trotzdem freudig Menschen leben. Sondern deshalb, weil ich einige zwar nicht neue, aber dennoch vertiefende Erkenntnisse aus diesem Vortrag ziehen konnte:
In diesem Waisenhaus leben Hindus, Christen und Moslems problemlos zusammen. Es werden katholische Messen und ebenso hinduistische bzw. muslimische Feste gefeiert. Wenn ich an die Situation in Europa denke, wo Pseudo-ChristInnen gegen die drohende Gefahr, die von anderen Kulturen und Religionen ausgehe, hetzerische Kampagnen betreiben, dann denke ich mir: Von den einfachen und armen Menschen könnten wir lernen, denn für diese Menschen in Indien zählt nur eines: eine große Familie zu sein, in der jede und jeder seinen Teil dazu beiträgt, dass alles gut läuft.
Die Kluft von Arm und Reich ist in diesem ländlichen Gebiet Indiens sehr kontrastreich und deutlich. Unmittelbar nebeneinander existieren Menschen, die in großen Villen und andererseits in Zelt-Hütten leben. Das Kastenwesen des Hinduismus trägt dazu nicht unwesentlich bei und verhindert praktisch die Aufweichung der gesellschaftlichen Schranken, die es gibt.
Ohne etwas schwarz zu reden: Die Kluft zwischen Armen und Reichen wächst auch in den wohlhabenden Staaten Europas, nicht zuletzt in Österreich. Hier ist es nicht das Kastenwesen als wesentlicher „Stabilisierungs“-Faktor der gesellschaftlichen Verhältnisse, sondern die Politik, die die Aushöhlung der sozialen Standards verantwortet, die die Generationen nach dem zweiten Weltkrieg mit viel Fleiß und durch politisches Verantwortungsbewusstsein geschaffen haben. Dass wir schon eine gute Zeit lang weit weg von wirklichem Verantwortungsbewusstsein in der Politik leben, machen nicht zuletzt die Krisen der letzten Zeit deutlich.
In diesem Weisenhaus in Indien konnte sich Theresa nicht per Englisch mit den BewohnerInnen verständigen, weil deren Englisch-Kenntnisse nicht ausreichten. Also verständigten sie sich mit Händen und Füßen.
Wenn bei uns jemand nicht Deutsch kann, kann er oft damit rechnen, auf irgend eine Weise diskriminiert zu werden. Die christliche Sicht auf die Menschen als Kinder Gottes und somit als Schwestern und Brüder könnten wir sicher vertiefen. Denn dieser Blick macht deutlich, dass alle Hervortuerei wichtiger Menschen letztlich lächerlich ist. Arme Menschen haben den Blick Gottes: Weil du da bist, liebe ich dich. Die sprechenden Bilder von Theresa haben mir das sehr deutlich vor Augen geführt.
Den Bericht im Pfarrblatt Ottensheim von Theresas Freiwilligen-Zeit in Indien inklusive Fotos finden sie hier:
Bericht im Pfarrblatt Ottensheim (pdf)
Veröffentlicht am 29. April 2010 in Allgemein, Ereignisse, Theologie & Kirche und mit Andhra Pradesh, Ausland, Christentum, freiwillig, Hinduismus, Indien, Islam, Matura, Ottensheim, sinnvoll, Theresa Baumgartner, Volontariat getaggt. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. Hinterlasse einen Kommentar.
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